David Scherger, 03/04.06.01
Hallo liebe EXPO-Kollegen und -Freunde!
Es waren doch drei sehr schöne Tage auf dem Ostgelände
und vor allem auf der Plaza. Ich fand es schön, so viele alte
Gesichter, die man meist seit dem 31. Oktober 2000 nicht mehr gesehen
hat, endlich mal wiederzusehen. Egal was auf den Bühnen auch
so abging, es war doch wieder das typische Expo-Feeling - Harmonie,
Freude und Spaß!
Auf der Plaza traten Donnerstag und Freitag u.a. Rednex, die Scorpions,
Red Said Fred, Orange Blue und die Söhne Mannheims auf. Man
sollte öfter solche friedlichen Feste feiern und sie mit großen
Feuerwerken beenden, die allen Menschen dieselbe Botschaft bringen,
die man auf der Expo täglich empfunden hat. Ob für Rocker
oder Rapper, für Musikfans oder einfach Expo-Fans, für
einfach jeden war etwas Besonderes dabei. Man sah viele und kam
ins Gespräch; auch mit dem, der gerade im Gedränge an
einem möglichst schnell vorbei wollte. Ich wurde sogar von
zwei netten Girls gebeten von ihnen doch bitte ein Foto zu machen
und es ihnen zuzuschicken.
Nach den zwei Tagen Expo-Party in gigantischer Größe,
konnte man am gestrigen Samstag noch in Ruhe über das Ostgelände
schauen, was ich mir nicht verkneifen konnte. Natürlich in
der Hoffnung, noch vieles von der Expo wiederzuerkennen. Doch es
übertönte das Traurige gegenüber der Freude von den
wenigen Expo-Überbleibseln. Anscheinend konnte sich das Wetter
auch den trostlosen Anblick der noch vereinzelt stehenden Pavillons
der Tränen nicht erwähren.
Die einzelnen Menschen - mit vielen Expo-Erinnerungen bestückt
(Expo-Regenschirm, Expo-Mütze, Expo-Pullover, Akkreditierung,
der täglichen Expo-Arbeitskleidung und, und, und . . .) - verloren
sich fast auf den mit Schlamm bedeckten asphaltierten ehemaligen
Flanier-Alleen.
Ohne den gewohnten Gondelverkehr der Seilbahn über den Köpfen
musste man sich an den Überresten die Erinnerungen an eine
schöne Zeit wiederbeleben. Keine Straßenkünstler
und Warteschlagen, keine Ditsch-Brezelstände und Langnese-Eisverkäufer,
keine Hast und Eile möglichst viel zu sehen, da man alles in
einem gemütlichen eineinhalbstündigen Spaziergang erkunden
konnte.
Es hat sich in diesem vergangen Jahr nach der Expo viel getan. Im
ehemaligen Frankreich-Pavillon eröffnet bereits am 7. Juni
der Sportladen Decathlon. Die Weinstöcke vor dem Eingang sind
schon lange einer Anlieferungseinfahrt gewichen. Holland wirkt ohne
Windräder eher leblos, auch wenn die Bäume wieder kräftig
sprießen. Leider war dieser architektonisch-belebende Pavillon
abgesperrt. Der bunte UK-Pavillon sucht immer noch nach einem Investor,
jedenfalls prangte eine Telefonnummer auf einem großen Schild.
Im komplett geräumten Schwedischen Pavillon war eine Fotogalerie
von 360° Bildern der Expo zu sehen. Es sind fantastische Bilder,
die sich gut von den hellen Wänden abhoben. Gleichzeitig konnte
man 4 ausgewählte Panoramabilder, 1 CD-Rom mit allen Bildern
kaufen. Und dabei war die CD-Rom 6 DM billiger als im Laden! Der
Finnische Pavillon heißt jetzt (F)INBOX. Im Eingangsbereich
war ein Stand vom Verein Rex Expo, die eine Unterschriftenaktion
durchführten, die beabsichtigt den Stadtbahn-Endpunkt Messe
Ost (damals Expo-Ost) in Expo Plaza umzubenennen. Die vorzüglichen
Piroggen konnten auch wieder genossen werden. Dabei war es gleichzeitig
möglich, noch einmal den wunderbaren Birkenwald im Innenhof
zu bestaunen.
Dänemark stand immer noch in voller Montur und wurde unterdessen
an eine dänische Modefirma verkauft. Im gegenüberliegenden
Belgischen Pavillon zieht Mousse T. mit seiner Plattenfirma ein.
Diese beiden haben sich genau sowenig verändert wie die beiden
geöffneten Hände des ungarischen Pavillon mit dem darübergespannten
Segeltuch. Unser Herbie - der OB von Hannover, der ein 880 Seiten
starkes Tagebuch während der ganzen Expo geschrieben hat -
war hier gerade anzutreffen. Nebenbei konnte man auch hier wieder
im ungarischen Restaurant speisen. Nachdem Spanien auch eingezäunt
hinter einem lag, wurde es sehr traurig. Auf der linken Seite stand
nur noch das gelbe Ungetüm der Esten. Daneben gleich Bagger
an Bagger. Und überall lagen Trümmer, Sand und Bauschutt.
Neben dem unberührten Irland rechts, sah man die Bauarbeiter
bei der Abrissarbeit des italienischen Pavillons in Aktion. Der
blau aufblitzende Turm lag geknickt am Boden. Die roten Stahlträger
ragten ohne Verkleidung in den grauen Himmel. Man konnte von hier
aus ohne Probleme Monaco und die Jemen sehen. Was einem aber bei
den Jemeniten erwarten sollte. Na ja. Der braune Ton bröckelte,
die Grundmauern traten hervor und der Pavillon war notdürftig
abgesichert. Man durfte den Pavillon auf keinen Fall treten, denn
sonst würde er einstürzen. Auf einem Schild stand nämlich:
"Das Treten ist verboten." Die VAE sahen von hinten bis
auf umgestürzte Palmen richtig intakt aus; doch von vorne verschlug
es mir fast den Atem. Die ganze linke Hälfte mit Eingangsportal
war bereits verschwunden. Das Ostgelände endete aber wie immer
im Südpark mit dem Wahrzeichen der Expo, dem Wal des CVJM (YMCA).
Von dort konnte man sich für 50 DM innerhalb von 10 Minuten
mit zwei Hubschraubern das Ostgelände von oben zu Gemüte
führen. Doch ich fand es ein bisschen zu teuer und der Anblick
von unten hatte mir gereicht. Die 50 Mark investiere ich lieber
in ein Buch über die wirkliche Expo, wie sie gewesen ist und
bei mir weiterleben soll und wird.
Zwar muss die Expofläche nachgenutzt werden, doch dass soviel
von dem Gelände verschwinden muss, ist sehr schade. Damit die
Erinnerungen von alldem nicht in der Zukunft verloren geht, wird
ein EXPOSEEUM im ehemaligen Südeingangsgebäude errichtet.
Durch Spenden sollen hier u.a. die Gastgeschenke, Fotos und Ausstellungsstücke
ihre neue Heimat finden. Kostenlos konnte man schon an diesem Pfingstwochenende
hineinschnuppern. Wunderbare Fotos gepaart mit Gastgeschenken aus
Asien und Afrika und dem Expogeländemodell, das vorher in dem
Hochhaus am Nordeingang des Messegeländes im Erdgeschoss gestanden
hat, konnte man die Vielfältigkeit dieses tollen Welttreffens
erahnen. Vor dem Ausgang gab es wie auf der Expo üblich einen,
von Groß und Klein geliebten, Expostempel.
Der Garten im Wandel war im gleichen Outfit wie zur Expo. Kinder
turnten mit Bambusstangen über die künstlich befestigten
Sanddünen vor den VAE. China zeigte sich nur noch als ein grauer
Betonkomplex. Man musste schon echt kurz überlegen, vor welchem
Pavillon man denn nun stand. Die als einzige erhaltene Skulptur
vor dem einstigen Eingang brachte einen auf die richtige Fährte.
Tschechien und Polen stehen auch noch. In das polnische Glashaus
sind nun die Asiaten eingezogen und wollen dort die unterschiedlichen
Kulturen als eine Einheit weiterhin in Deutschland - gebündelt
in einem Handelszentrum - präsentieren. Durch die alten Ausgangtüren
des türkischen Pavillon schaut die große weiße
Figur, die das Mittelmeer darstellen soll, weiterhin beharrlich
dem Treiben auf dem Ostgelände zu. Was sie alles ansehen musste?
Bisher hat sie alles miterleben müssen. Wie lange sie noch
starr und stur alles erträgt ist ungewiss. An die Norweger
erinnert nur noch das Stück Fassade, worin der Wasserfall vom
Dach herunterdonnerte. Die Schweizer Holzpaletten sind schon längst
versteigert und weggefahren worden. Letztlich blieben die beiden
Pappeln über, die während der Expo durch die Schweizer
sehr enge und charmante Nachbarn bekommen hatten. Die Postbox strahlt
weiterhin in dem kräftigen Gelb, aber ließ keine Expo-Freunde
auf sich drauf. Hoffentlich ist die Postbox nicht zu stark in Wehmut
verfallen!
Zwischen Frankreich und Deutschland wurde allerhand kulinarisches,
kulturelles und modisches angeboten, was man irgendwie mit der Expo
in Verbindung bringen kann. Die Sehnsüchte wurden doch wieder
stark provoziert. Aber alles hat ein Ende. Und sagte nicht schon
die bekannte Expo-Werbung mit Verona Feldbusch und Sir Peter Ustinov:
"Das gibst nur einmal, das kommt nicht wieder." Aber damals
hat man sich an dieser tollen Atmosphäre auf dem Gelände
erfreut und obendrein sehr gewöhnt, so dass man sich gerne
nach den freundlichen, fröhlichen, tollen, langen und erfüllten
Expo-Tagen sehnt und sich vor allem durch die letzten drei Tagen
der Expo-Revival-Party an die einmalige Expo erinnert fühlt.
Fremde wurden auf der Expo Freunde und die Freunde konnte man in
den zurückliegenden Tagen wiedersehen. Schön dass so viele
gekommen sind!
David Scherger
Hannover, den 03./04. Juni 2001
(David
Scherger hat 4 Monate auf der Expo in Halle 9 gearbeitet. Er
wird demnächst eine eigene Website mit Fotos und Texten ins
Netz stellen.
Besonderer Dank geht an David für die Genehmigung, den obigen
Text auf meiner Website zu veröffentlichen. /hb)
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